Kyu-Prüfungen: Japanische Bogenschützen zeigen ihre Fortschritte

Eingebettet in die ruhige Atmosphäre des Dojos, der Trainingshalle, im Rottweiler Neckartal waren alle anwesenden Kyudoka des Budo Zentrum Rottweil damit beschäftigt, das Shajo, den Schießplatz, für diesen Trainingsabend herzurichten. Die Mato, die sechsunddreißig Zentimeter großen Zielscheiben wurden in achtundzwanzig Metern Entfernung in die Sandaufschüttung gesteckt. Pfeil- und Bogenständer an ihre Plätze gestellt und der Parkettboden feucht gewischt. Jeder Bogenschütze spannte seinen über zwei Meter langen Bogen auf, steckte einen Satz aus vier Pfeilen in den Pfeilständer und legte seinen Schießhandschuh bereit, bevor zwei Töne, geschlagen mit zwei Holzklötzen den Kyudoka signalisierten sich zur Begrüßung zu versammeln. Traditionell stehen sich hier Schüler und Lehrer gegenüber und mit einem „Rei“ des ranghöchsten Schülers verneigen sich Lehrer und Schüler voreinander.
Dieser Abend war nicht einfach nur ein Trainingsabend wie viele andere auch, nein, an diesem Abend waren zwei Kyu-Prüfungen angesetzt. Wie in zahlreichen anderen Budo-Disziplinen graduiert das japanische Bogenschießen die Schützen seit den 1880er Jahren in Kyu-Grade, also Schülergrade und in Dan-Grade, die Meistergrade. Die Prüfungen, die hierzu zu absolvieren sind, zeigen den Kyudo-Praktizierenden ihren ganz persönlichen aktuellen Stand im Fortschreiten ihrer Übepraxis.

Marius Eckert vor dem Makiwara.

Michael Heiß und Marius Eckert stellten sich an diesem Abend ihren Kyu-Prüfungen. Die Prüfung zum 4. Kyu wird vor dem Makiwara abgelegt. Als Makiwara bezeichnet man im Japanischen Bogenschießen eine Reisstrohwalze auf einem Holzgestell mit zirka 40 cm Durchmesser. Auf kurze Distanz von drei Metern dient sie ausschließlich dem Techniktraining. Die Kyudoka nutzen sie, um frei von Gedanken an eine weit entfernte Zielscheibe ihre Feinmotorik in der Handhabung des Bogens zu verbessern.

In der von den beiden Kyudoka abgelegten Prüfung ging es darum zu zeigen, welche Fortschritte hierbei in den vergangenen Monaten gemacht wurden. Da in Rottweil die Lehrrichtung der Heki Ryu Insai Ha unterrichtet wird, war für diese Prüfung nicht nur das Schießen in der von dieser Schule vorgegebenen Form, sondern auch die Bewegungsformen, das sogenannte Heki Taihai, vor und nach dem Schuss ein Kriterium für die Prüfung.
Alle anderen Bogenschützen hatten sich seitlich neben dem Makiwara versammelt, um bei der Prüfung zuzuschauen. Vor ihnen stand Marion Moritz, die als Prüferin des Deutschen Kyudo Bundes die Schüsse der beiden Probanden beurteilte. Ruhe kehrte ein im Dojo. Alle, Zuschauer, Prüferin und Prüflinge waren aufmerksam und konzentriert.

Die Konzentration ist hoch: Michael Heiß kurz vor dem Hanare, dem Lösen des Pfeils.

Ein klein wenig war bei beiden die Aufregung spürbar, aber sobald sie an die Honza, die Vorbereitungslinie traten und sich sammelten, spürte man wie sie ruhiger wurden. Es ging alles seinen Gang. Alle Bewegungen, die für das korrekte Schießen mit diesen über 2 Meter langen asymmetrischen Bögen nötig sind, wurden von beiden korrekt und im Sinne der Prüfungsanforderungen erfüllt. Beide zeigten an diesem Abend hevorragende Leistungen. Solch bestandene Prüfungen sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg des Bogens. Jetzt kann das Training für Heiß und Eckert und die anderen Kyudoka vom Budo Zentrum Rottweil e.V. weitergehen. Wer sich selbst ein Bild über das Japanische Bogenschießen machen möchte, kann die Rottweiler Kyudoka gerne dienstags und donnerstags ab zwanzig Uhr im Dojo im Neckartal 58 besuchen. Weitere Informationen finden sich auf dieser Website auf der Abteilungseite „Kyudo“.